CHRISTINA LUX & OLIVER GEORGE
ÜBER(s)LEBEN – Ein Abend mit Purple Schulz und Jördis Tielsch
-von Susanne Bär-
Überleben – wie macht man das am besten in der heutigen Zeit? So machen Tipp dazu, verpackt in vielseitige musikalische Gewänder, brachte Purple Schulz am Jahrestag der Aufnahme seines Live-Doppelalbums „Sehnsucht bleibt“ mit hinein in das wohnzimmergemütliche Ambiente der Kleinkunstbühne Thing in Limburg.
Gleichzeitig waren seine Songs auch eine Abhandlung ÜBERs LEBEN, was selbige Schreibweise auf den Konzertplakaten völlig zu Recht erahnen ließ.
Zunächst startete Purple am Keyboard mit „Was denn noch?“ in schonungsloser Ehrlichkeit einen Schnellrückblick über das, was die Menschheit alles erreicht hat. Obwohl dieser Song schon mehr als 30 Jahre auf dem Buckel hat, ist er aktueller denn je mit seiner Kritik am Gebaren der Menschen ohne Rücksicht auf kommende Generationen.

In diese etwas bedrückende Stimmung hinein holte Purple eine strahlende Musikerin an seine Seite und stellte sie dem Publikum vor: Jördis Tielsch, die ihn im Februar 2022 mit ihrem damals gerade erschienenen Album „New Mornings“ im Rahmen seiner Songpoeten-Moderation beim WDR in den Bann gezogen hatte, gestaltete von diesem Moment an den weiteren Abend mit ihm gemeinsam. Ihr virtuoses Violinenspiel verlieh altbekannten Hits einen ungeahnt neuen Klang. Tristesse, Drama und Mystik drückte die junge Musikerin mit ihrer Geige bei „Der Kanal“ und „Geheimnis“ auf eine unnachahmliche Art und Weise aus.
Hoffnungsvolle Worte und verspielte Klänge folgten mit „Spiegeln“, um gleich die Emotionen ähnlich einer Schussfahrt ins Tal „Mit dem Rücken an der Wand“ in einem Moment der Ratlosigkeit festzuhalten. Ein Highlight dieser intensiven Gefühle folgte mit „Unter der Haut“, was bei so manchem Gast im Publikum für Gänsehaut sorgte. Dabei ließ das dynamische Zusammenspiel der beiden Musiker den Altersunterschied von fast 40 Jahren zu einem Nichts dahinschmelzen. Purple Schulz und Jördis Tielsch schienen mit Keyboard, Gitarre, Harpejji und Violine durch diesen Abend zu tanzen.
Als nächstes ließ Purple es sich nicht nehmen, mit seinem Publikum zu teilen, welcher Song von Jördis ihn beim Hören ihres Albums besonders fasziniert hatte. Nachdem sie am Keyboard Platz genommen hatte, verzauberte Jördis auch die Audienz im Thing für einige Minuten mit ihrer warmen Stimme und ihrem Pianospiel, welches passend zu „The River is me“ der Variabilität eines Flusses in nichts nachstand.
Ein fließender Übergang entstand zur wichtigsten Person im Leben von Purple Schulz: Seine Frau Eri ist diejenige, die mit ihm am Küchentisch sitzt und Songs schreibt. „Wege“ beschreibt dieses Miteinander und immer füreinander Dasein. Songs wie „Pass auf!“ entstehen in solchen Momenten manchmal binnen kürzester Zeit und „müssen einfach raus“. Auch hier befand sich der Künstler wieder mitten im heutigen Leben. An der Notwendigkeit zur Aufmerksamkeit, nicht jedem gleich zu trauen, hat sich nichts verändert.
Dafür, dass auch ein gewisser Kölscher Humor nicht zu kurz kommt, sorgte der Titel „Da denkste jetzt mal drüber nach“. Purples Beschwerde an den lieben Gott, der ja bei der Schöpfung des Menschen doch ein paar Mängel übersehen hat, war gespickt mit hilfreichen Tipps aus dem irdischen Erfahrungsschatz: „Da solltest du am besten mal deine Frau fragen!“ Und selbstverständlich kam in Limburg auch der Hinweis auf das vermeintlich längst in Vergessenheit geratene fulminante Badezimmer des „Bodenpersonals“ nicht zu kurz.
Nach einer Pause gelang es Purple mühelos, das Publikum schon mit den ersten Tönen von „Sehnsucht bleibt“ wieder voll in seinen Bann zu ziehen. Neben der musikalischen Darbietung waren auch seine Anmoderationen und Überleitungen allesamt ein abwechslungsreicher Mix aus Poesie, Humor und Geschichten aus dem wahren Leben.